Odysseus Polyphem Zyklopen

Auf unserer langen Irrfahrt war ich, Odysseus [1], mit zw?lf Gef?hrten in die H?hle des Zyklopen eingedrungen. Der Ein?ugige hatte am Abend einen riesigen Fels vor den Eingang gew?lzt. Auch packte er zwei von meinen M?nnern und fra? sie mit Haut und Haaren auf. Nach dieser grauenhaften Tat warf sich das Ungeheuer der L?nge auf den H?hlenboden und schlief ohne weitere Worte ein.

Ich überlegte schon, mit dem Schwert das Leben der Bestie auszuhauchen, aber was h?tte es geholfen? Der Felsblock am Eingang der H?hle war nur von dem Zyklopen selbst zu bewegen. Darum fasste ich den Entschluss zu warten.

Am n?chsten Morgen stand der Zyklop schon in der Frühe auf und zündete ein Feuer an. Nachdem er seine Ziegen und Schafe versorgt hatte, packte er wieder zwei von meinen M?nnern und verzehrte sie zu meinem Entsetzen. Dann rollte er den Fels beiseite und trieb alle Tiere hinaus. Wir selbst mussten aber in der H?hle bleiben, da der Zyklop sie wieder mit dem Fels verschloss.

Jetzt war es an der Zeit, einen Weg zu finden, wie man das Ungeheuer überlisten konnte. Da sah ich in einer Ecke des Tierstalles eine m?chtige Keule liegen. Daraus lie? sich ein starker Pfahl formen, dessen Spitze wir im Feuer h?rteten. Diesen Pfahl versteckte ich mit aller Sorgfalt in der H?hle.

Am Abend kam der gr?ssliche Hirte mit seiner Herde wieder heim und verschloss auch wieder die H?hle. Aufs Neue packte er sich zwei von meinen M?nnern und fra? sie gnadenlos auf. Der Zyklop hatte nun auch meinen Weinschlauch entdeckt und füllte sich damit gierig seinen Bauch.

Als er damit fertig war, sprach er schon im leichten Rausche: "Fremdling, ich bin Polyphem. Jetzt verrate du mir deinen Namen, und ich werde dir ein Gastgeschenk machen?" "Meinen Name ist Odysseus", rief ich, und der Zyklop sprach: "Gut, du sollst dein Gastgeschenk erhalten. Ich werde dich aufsparen und ganz zuletzt verzehren."

Nun konnte der Zyklop sich nicht mehr auf den Beinen halten, setzte sich gegen die Felswand und schlief ein. Darauf hielt ich den angespitzten Pfahl in die glimmende Asche, bis er Feuer fing. Dann rammten wir mit vereinten Kr?ften die glühende Spitze tief in das schlafende Auge des Zyklopen. Das verletzte Ungeheuer heulte laut auf, riss sich den Pfahl heraus, und fing in der H?hle an zu toben. Doch jeder von uns ging ihm geschickt aus dem Wege.

Der blinde Zyklop tappte Stund um Stund in seiner H?hle umher, immer noch vor Schmerzen winselnd. Heimtückisch rollte er auch den gro?en Fels beiseite und setzte sich am Eingang nieder. Mit seinen H?nden tastete er herum, damit wir nicht zwischen den Tieren entwischen konnten. Ich aber nahm für jeden Mann drei kr?ftige Schafe und band sie mit einem Weidengeflecht zusammen, das unter dem dichten Fell nicht zu ertasten war. So trugen die mittleren Schafe immer einen von uns an dem Zyklopen vorbei, w?hrend wir festgekrallt an den B?uchen hingen.

Nach geglückter Flucht eilten wir jauchzend zu unseren Schiffen fort und ruderten aufs offene Meer. Doch Polyphem war unseren Jubelrufen gefolgt und schleuderte uns einen riesigen Felsblock nach. Die Wellen türmten sich hoch, doch auch sie konnten unsere Weiterfahrt nicht mehr verhindern. So blieb der zornige Zyklop am Ufer zurück und entschwand aus unseren Blicken.

Erkl?rungen:

[1] Odysseus war K?nig von Ithaka. Er k?mpfte bei der Belagerung von Troja auf griechischer Seite. Troja wurde nach zehn Jahren von den Griechen erobert, und Odysseus kehrte nach langer Irrfahrt in seine Heimat zurück.