Gestern st?berte ich in der Historienbibliothek und fand unter der

Kategorie "Feste und alte Brauchtümer" einen sehr ungew?hnlichen Eintrag. Darin

wird über eine Reise eines ?rmlichen Ehepaares berichtet, das trotz ihres

heruntergekommenen Eindruckes eine Unterkunft bei einem Gastwirt fand. Angeblich

soll die Frau auch in einem Zustand der "Hochschwangerschaft" gewesen sein, denn

kurz darauf gebar sie, nach alter überlieferung, in einem Nebengeb?ude inmitten

von Stroh einen Sohn, den sie Jesus nannten. Es wurde au?erdem von einer

au?erehelichen Empf?ngnis gemunkelt. Ungew?hnlich war das Erscheinen eines

Kometen über der Geburtsst?tte und die Wahlfahrt dreier hochgestellter

Pers?nlichkeiten zu diesem Ort, der Bethlehem genannt wurde. Das Ereignis ging

in die Menschheitsgeschichte als "Weihnachten" ein, das Jahrtausende lang als

"Heiliges Fest der Liebe" von den Glaubensanh?ngern gefeiert wurde. Zahlreiche

Geschichten, Lieder und Kochrezepte belegen diese herausragende Festlichkeit.

Und heute? Selbst für mich war diese Erz?hlung neu, denn ich kenne den 24.

Dezember als "Shopping-all-you-can-Tag", bei dem man im Store bei seinem Einkauf

den ausgesuchten Artikel gleich ein zweites Mal erh?lt. So füllt sich der Wagen

in kürzester Zeit. Die Aufgabe besteht nun darin, diese Doppeltwaren so schnell

als m?glich in der n?chsten Filiale gegen ein noch nicht im Warenkorb

enthaltenes Produkt einzutauschen. Leider l?uft ein Zufallsgenerator, der, wenn

man vom Pech verfolgt wird, wiederum einen Zweierpack herausgibt. Dann hei?t es

"Hurtig ins n?chste Gesch?ft!" Wird eine Bonusmarke ausgegeben, so kann der

Zwillingsartikel gleich ausgewechselt werden. Per Zufall wird zum Schluss ein

Teampartner ermittelt. Beide Spieler vergleichen nun ihre Eink?ufe. Sind

mindestens zehn Artikel doppelt vorhanden, so gewinnt man eine Eintrittskarte

für die Historienbibliothek. Also nichts mit weihnachtlichen Gefühlen und

christlicher Hoffnung. Wenn ich die Wahl h?tte, so würde ich gerne an dieser

pr?historischen Festlichkeit teilnehmen. Den Duft von Zimtstangen, Anispl?tzchen

und Christstollen in mich aufnehmen und nicht nur meine Ohren für die Lieder

über die Liebe und Hoffnung ?ffnen. Irgendwo im Zeitwandel der Jahrtausende ist

diese g?ttliche Botschaft zwischen Geschenkewahn und Tauschtrieb verloren

gegangen. Vielleicht sollte ich einige Strohhalme als mahnende Erinnerung in

mein Fenster h?ngen. Oder wie feierst du, mein lieber Freund dieses besondere

Fest? Dein Nikolaus